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Regency Angels - Die unwiderstehliche Spionin

Roman: Band 1 | Ein mitreißendes historisches Romantik-Highlight für alle Fans von »Bridgerton«

©2022 528 Seiten
Reihe: Regency Angels, Band 1

Zusammenfassung

Ein verlockendes Angebot: Der aufregende historische Liebesroman »Regency Angels – Die unwiderstehliche Spionin« von Jane Feather jetzt als eBook bei venusbooks.

Seit sie als Kind viel zu früh ihre Eltern verlor, muss sich die junge Polly Wyatt allein im ebenso glanzvollen wie gefährlichen London durchschlagen. Früh hat sie gelernt, ihr hübsches Gesicht und ihr schauspielerisches Talent einzusetzen, um blasierten Gentlemen das Geld aus der Tasche zu schwindeln – doch ihr neuestes Opfer dreht den Spieß um: Lord Kinkaid sieht nicht nur unerhört gut aus, er ist auch unberechenbar. Bevor Polly weiß, wie ihr geschieht, lädt er sie auf sein Anwesen ein, beschenkt sie mit wunderschönen Kleidern und führt sie tatsächlich in die Welt des Londoner Adels ein! Polly kann ihr Glück kaum fassen – aber was für ein Spiel treibt Lord Kinkaid mit ihr? Sie weiß, sie muss unbedingt misstrauisch bleiben … gar nicht so leicht, wenn ein einziger Blick von ihm genügt, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen!

»Dieser Roman wird Sie mit seinem Charme, seinem Witz und seiner Sinnlichkeit völlig gefangen nehmen!« Romantic Times

Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der romantische historische Roman »Regency Angels – Die unwiderstehliche Spionin« von New-York-Times-Bestsellerautorin Jane Feather ist Band 1 ihrer fesselnden Trilogie »Regency Angels« – ein Lesevergnügen für die Fans von Julia Quinn. Lesen ist sexy: venusbooks – der erotische eBook-Verlag.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Über dieses Buch:

Seit sie als Kind viel zu früh ihre Eltern verlor, muss sich die junge Polly Wyatt allein im ebenso glanzvollen wie gefährlichen London durchschlagen. Früh hat sie gelernt, ihr hübsches Gesicht und ihr schauspielerisches Talent einzusetzen, um blasierten Gentlemen das Geld aus der Tasche zu schwindeln – doch ihr neuestes Opfer dreht den Spieß um: Lord Kinkaid sieht nicht nur unerhört gut aus, er ist auch unberechenbar. Bevor Polly weiß, wie ihr geschieht, bringt er sie auf sein Anwesen, beschenkt sie mit wunderschönen Kleidern und führt sie tatsächlich in die Welt des Londoner Adels einführt! Polly kann ihr Glück kaum fassen – aber was für ein Spiel treibt Lord Kinkaid mit ihr? Sie weiß, sie muss unbedingt misstrauisch bleiben … gar nicht so leicht, wenn ein einziger Blick von ihm genügt, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen!

»Dieser Roman wird Sie mit seinem Charme, seinem Witz und seiner Sinnlichkeit völlig gefangen nehmen!« Romantic Times

Über die Autorin:

Jane Feather ist in Kairo geboren, wuchs in Südengland auf und lebt derzeit mit ihrer Familie in Washington D.C. Sie studierte angewandte Sozialkunde und war als Psychologin tätig, bevor sie ihrer Leidenschaft für Bücher nachgab und zu schreiben begann. Ihre Bestseller verkaufen sich weltweit in Millionenhöhe.

Bei venusbooks erscheinen als weitere Bände der Reihe »Regency Angels«:

»Die verführerische Diebin – Band 2«

»Die verlockende Betrügerin – Band 3«

Außerdem ihre Reihe »Love Charms« mit den Bänden:

»Die gestohlene Braut – Band 1«

»Die geliebte Feindin – Band 2«

»Die falsche Lady – Band 3«

In der Reihe »Regency Nobles«:

»Das Geheimnis des Earls – Band 1«

»Das Begehren des Lords – Band 2«

»Der Kuss des Lords – Band 3«

Außerdem erscheinen in der Reihe »Die Ladys vom Cavendish Square«:

»Das Verlangen des Viscounts – Band 1«

»Die Leidenschaft des Prinzen – Band 2«

»Das Begehren des Spions – Band 3«

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eBook-Neuausgabe Juni 2022

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1988 unter dem Originaltitel »Heart’s Folly« und 1993 unter dem Titel »Venus« bei bei Bantam Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Lockruf der Leidenschaft« bei Random House.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1988/2003

by Jane Feather

Published by Arrangement with Shelagh Jane Feather

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 by Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2022 venusbooks Verlag. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-96898-182-6

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: info@venusbooks.de. Mit herzlichem Gruß: das Team des venusbooks-Verlags

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Jane Feather

Regency Angels –
Die unwiderstehliche Spionin

Roman

Aus dem Amerikanischen von Elke Bartels

venusbooks

Kapitel 1

Nicholas Lord Kincaid war in reichlich verdrießlicher Stimmung – und seine derzeitige Umgebung war auch nicht unbedingt dazu angetan, sie zu bessern. Die Taverne »Zum Hund« lag in einer engen, stinkenden Gasse abseits der Botolph Lane, und die Kundschaft schien ausschließlich aus Ruderern, Skullern und Fährleuten zu bestehen, die Mehrzahl davon noch dazu recht unflätig und stark betrunken.

Es war ein Mittwochabend Ende Dezember im Jahre des Herrn 1664, und jenseits der Eingangstür wogte der dichte winterliche Nebel durch die Straßen Londons. Er lag wie ein Miasma über der Themse, die ein paar Schritte südlich der Botolph Lane träge dahinfloss. Kincaid konnte es den Fährleuten nicht verübeln, dass sie an einem solchen Abend ihre Arbeit vernachlässigten; die Zahl der Fahrgäste, die bei diesem Wetter zum anderen Flussufer übergesetzt werden wollten, konnte man höchstwahrscheinlich an einer Hand abzählen, und selbst der erfahrenste Fährmann hätte Angst davor, sich in der undurchdringlichen Düsterkeit zu verirren. Vermutlich hatte auch genau jener erbensuppendicke Nebel De Winter daran gehindert, sich an diesem sicheren, wenn auch unwirtlichen Treffpunkt einzufinden.

Das Meerkohlefeuer im Kamin ließ einen schmierigen, giftigen Rauch aufsteigen, und Nicholas hustete angewidert. Dieser Rauch, der in ganz London aus den Schornsteinen aufstieg, verband sich mit dem Nebel zu schweren grauen Schwaden, die wie ein Leichentuch über der Stadt lagen; doch wenn Holzknappheit herrschte und ein warmes Feuer unumgänglich war, verbrannte die Stadtbevölkerung alles, was verfügbar und erschwinglich war.

Der beißende Rauch löste sich langsam wieder auf, während sich die tränenden Augen Seiner Lordschaft in ungläubigem Erstaunen weiteten. Ein Traumgeschöpf hatte sich in dem schummrigen, schmutzigen Schankraum materialisiert. Verwirrt blickte Nicholas in seinen Humpen mit Glühwein. Zugegeben, er hatte reichlich genug getrunken in seinem Bemühen, sowohl die Kälte als auch die Niedergeschlagenheit zu vertreiben, aber bestimmt nicht so viel, dass er aus dieser dünnen, rauchgeschwängerten Luft nun schon Phantomgestalten erschuf.

Er schaute wieder auf. Die auf den ersten Blick so gespenstisch anmutende Erscheinung besaß eine ausgesprochen greifbare Form. Sie bewegte sich auf ihn zu, während sie mühelos ein voll beladenes Tablett über die Köpfe der Menschenmenge hinwegbalancierte. Haar wie Honig, dachte er bewundernd – schwerer, gehaltvoller, goldbrauner Honig, der über makellose Schultern sickerte und sich über die elfenbeinweißen Rundungen ihrer Brüste ergoss, die sich – von keinerlei Mieder eingeengt – aus dem schäbigen Spitzenbesatz am Ausschnitt ihres Kleides wölbten. Es waren ausnehmend hübsche, wohlgeformte Brüste, deren Schönheit nicht im Geringsten durch das grellbunte, geschmacklose Kleid geschmälert wurde, das sie trug – eine Tracht, die bewusst darauf angelegt war, jedermann ihre vielfältigen körperlichen Reize vor Augen zu führen. Ein schmuddeliger Unterrock lugte unter dem Saum ihres scharlachroten Rockes hervor, der ein Stück hochgerafft war, um die reizvolle Kurve von Knie und Wade zu enthüllen und eine Andeutung von Schenkel erkennen zu lassen. Die derben Holzpantinen vermochten nicht die Schlankheit ihrer Fesseln und die Zierlichkeit ihrer Füße zu verbergen.

Fasziniert ließ Nicholas seinen Blick wieder aufwärts wandern, um die elegante Linie ihres Halses und die Rundung ihres erhobenen Armes zu betrachten, ehe er wie gebannt an ihren Zügen hängen blieb. Ihr Gesicht war ein perfektes Oval, ihre Haut elfenbeinweiß, die Wangen von einem rosigen Schimmer überhaucht, die Stirn glatt und hoch, die Nase schmal, die Brauen schwungvoll gezeichnet über leuchtenden haselnussbraunen Augen, deren leichte Schrägstellung zu den geschwungenen Winkeln ihres herrlichen Mundes passte. Es war ein äußerst verführerischer Mund mit vollen roten Lippen, die auf eine so ausgeprägte Sinnlichkeit hoffen ließen, dass Nicholas beim bloßen Gedanken daran ein Schauer der Erregung über den Rücken rieselte.

Teufel auch! Was hatte ein solches Juwel in dieser stinkenden Bruchbude unter Rüpeln, Saufbolden und Flussratten zu schaffen? Nicholas öffnete gerade den Mund, um diesen Gedanken laut auszusprechen, da lächelte das Traumgeschöpf – ein einladendes Lächeln, das ihm für einen Moment förmlich den Atem raubte. Ihr Arm streifte seinen Ärmel, als sie an seinem Tisch vorbeiging und sich einen Weg durch das Gedränge zu der langen Tafel in der Mitte des Schankraumes bahnte. Die lärmende Gruppe von Zechern begrüßte sie mit lauten, obszönen Sprüchen und betätschelte sie ungeniert, als sie sich vorbeugte, um das schwere Tablett abzustellen, bevor sie die schäumenden hölzernen Alekrüge verteilte.

Nicholas beobachtete die Szene angewidert. Das Mädchen erfuhr eine Behandlung, wie sie Dirnen und Schankkellnerinnen gewöhnlich zuteil wurde. Normalerweise hätte er kaum Notiz davon genommen; schließlich lud sie durch ihre aufreizende Kleidung förmlich dazu ein. Doch beim Anblick der schmutzigen, derben Pranken, die unter ihren Unterröcken herumfummelten und diese unvergleichlichen Brüste betatschten, drehte sich ihm der Magen um. Überdies konnte er über die kurze Entfernung, die sie voneinander trennte, den unverkennbaren Ekel des Mädchens spüren.

Polly rang wie gewohnt krampfhaft um Selbstbeherrschung, um das widerwärtige Kneifen und Tätscheln über sich ergehen zu lassen und den Drang zu unterdrücken, um sich zu treten, zu spucken und sich mit Zähnen und Klauen gegen ihre Peiniger zu wehren, obwohl sie vor Ekel eine Gänsehaut hatte. Sie musste lächeln, kokett den Kopf zurückwerfen und die Obszönitäten mit nicht minder unanständigen Bemerkungen quittieren, sonst würde Josh wieder mit dem gewohnten Nachdruck seinen mit Nieten beschlagenen Gürtel schwingen. Sie konnte die Augen des Gentlemans auf sich spüren, was dem gewohnten Elend eine andere Dimension zu verleihen schien – als ob die Anwesenheit eines Zeugen diese entwürdigende Situation tatsächlich noch schlimmer machen könnte, dachte Polly bitter.

»Polly! Komm gefälligst her, du faule Schlampe!« Das Gebrüll des Tavernenwirts ließ die Dachbalken erzittern und schallte wie ein Trompetenstoß durch die feuchtfröhliche Kakophonie von erhobenen Stimmen und lautem Gelächter. Es verschaffte dem Mädchen die Möglichkeit, den grabschenden Händen zu entwischen und sich aus dem Staub zu machen. Hastig griff sie nach dem inzwischen leeren Tablett und machte sich auf den Weg zurück zu der mit Aleflecken übersäten Theke im hinteren Teil des Raumes. Der Gentleman starrte sie noch immer mit zermürbender Durchdringlichkeit an. Polly warf den Kopf in den Nacken und schenkte ihm abermals ein Lächeln, nur für den Fall, dass Josh ein wachsames Auge auf sie hatte und ihr womöglich vorwarf, sie versäume die Gelegenheit, einen so offensichtlich gut betuchten Gast um das eine oder andere zusätzliche Geldstück zu erleichtern.

Josh trank seinen Humpen mit Porter aus und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. In seinen kleinen, blutunterlaufenen Augen lag ein Ausdruck der Befriedigung. Ihm war keineswegs entgangen, wie hingerissen der Gentleman von dem Mädchen war. Dieser faszinierte Gesichtsausdruck, dieser von Verlangen erfüllte Blick waren untrügliche Anzeichen, die er schon bei so manch einem jungen Edelmann beobachtet hatte, dessen Blick auf Polly gefallen war. Und Josh konnte diese Reaktion nur allzu gut verstehen. In seinen eigenen Lenden regte sich ebenfalls die Wollust mit schmerzhafter Hartnäckigkeit, wann immer er an das Mädchen dachte, sich ausmalte, wie sie in dem kleinen Verschlag unter der Treppe schlief, ihr dünnes Hemd hochgerutscht bis zu ihren ... Verdammte Pest! Wäre Prue nicht so ein kleinkariertes, sauertöpfisches Weibsstück, hätte er das Mädchen schon längst flachgelegt! Schließlich war sie ja nicht seine Blutsverwandte.

Beim frustrierenden Gedanken daran, wie sehr ihm die Hände gebunden waren, erschien ein hinterhältiger Zug um Joshs Mund, und in seinen Augen glomm ein böser Funke auf. Wenn er diese Reize schon nicht für sich genießen konnte, würde er verdammt noch mal dafür sorgen, dass sie wenigstens nutzbringend eingesetzt wurden! »Geh zu deiner Tante in die Küche und sag ihr, sie soll noch einen Humpen von dem Glühwein zubereiten«, wies er das Mädchen an. »Und zwar mit den speziellen Zutaten, verstanden?« Polly verstand nur zu gut und fühlte wieder das vertraute Grauen in sich aufkeimen, als sie an die scheußliche Aufgabe dachte, die ihr bevorstand. »Und dann servierst du den Glühwein dem Gentleman dort drüben und siehst zu, dass er ihn bis auf den letzten Tropfen austrinkt, bevor du ihn mit nach oben nimmst. Er wird ’ne prall gefüllte Geldbörse haben, darauf gehe ich jede Wette ein, von den Klunkern an seinen Fingern ganz zu schweigen.« Das obszöne Grinsen wurde noch eine Spur breiter. »Mach ihm einfach die richtigen Versprechungen, Mädchen, und sorg dafür, dass du ihn ins Bett kriegst.«

»Nicht schon wieder, Josh«, bettelte Polly, obwohl sie wusste, dass es unklug war. »Das ist nun schon das zweite Mal in dieser Woche.«

Joshs Hand schoss blitzschnell vor und versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. Polly unterdrückte einen Aufschrei und rieb sich ihr schmerzendes Ohr, während sie um die Theke herum in die Küche stolperte, wo eine wahre Amazone von einer Frau mit fleischigen Unterarmen und knotigen, mit Leberflecken übersäten Händen über eine Armee brodelnder Kessel und Töpfe herrschte. Die heiße, feuchte Luft war von durchdringenden Düften erfüllt, Dampf wand sich in Spiralen von den Töpfen empor und waberte nebelgleich um die rauchgeschwärzten Balken unter der niedrigen Zimmerdecke. Die Frau musterte das Mädchen mit abschätzendem Blick und entdeckte prompt den Tränenschleier in den haselnussbraunen Augen.

»Hast du schon wieder deinen Onkel geärgert?«

»Er ist nicht mein Onkel!«, fauchte Polly, während sie einen leeren Krug von einem Haken an der Wand nahm.

»Sieh dich ja vor, mein Mädchen! Wenn er nicht wäre, hättest du kein Bett zum Schlafen und nichts zu essen im Magen«, erklärte Prue. »Hat er sich um dich gekümmert und für dich gesorgt? Jawohl, das hat er, so als wärst du sein eigen Fleisch und Blut und nicht ein dahergelaufenes Balg aus Newgate«, fügte sie mit gedämpfter Stimme hinzu.

Polly hörte es zwar trotzdem, aber sie hatte diese unschöne Bezeichnung in ihren siebzehn Lebensjahren schon so viele Male gehört, dass sie sie mittlerweile nicht mehr zu verletzen vermochte, falls sie es überhaupt jemals gekonnt hatte. »Josh will eine Spezialmischung«, sagte sie teilnahmslos. »Aufgefüllt mit Glühwein.« Sie reichte Prue den Krug.

Ihre Tante nickte. »Der Gentleman in der Ecke, nehme ich an. Ich hab zuerst gedacht, er wartet auf jemanden, aber wenn er allein ist, dann kann uns wohl nichts passieren.« Sie tauchte eine Schöpfkelle in einen der Kessel und füllte den Krug, ehe sie verschiedene Gewürze aus einer Ansammlung kleiner Keramikgefäße zu dem erhitzten Wein hinzufügte. Polly schaute schweigend zu. Eines dieser Gefäße enthielt ein Pulver, das alles andere als harmlos war, und als sie ihrer Tante – angetan mit fleckenübersäter Schürze und schmuddeliger Haube – zusah, wie sie das heimtückische Gebräu mischte und umrührte, erschien Polly der brodelnde, von Dampfschwaden durchzogene Raum plötzlich wie die Giftküche einer Hexe.

Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, und Polly neigte den Kopf, um sich mit ihrer eigenen, ebenfalls alles andere als sauberen Schürze das Gesicht abzuwischen. Es musste doch eine Welt jenseits dieser Mauern geben; es musste doch irgendwie möglich sein, das Ziel zu erreichen, das in den langen, schlaflosen Stunden der Nacht stets so verheißungsvoll glitzernd vor ihrem geistigen Auge stand. Eines Tages würde sie all das hinter sich lassen und in eine ganz andere Rolle schlüpfen als diejenige, die ihr in diesem schäbigen, verkommenen, beengten Dasein zugewiesen worden war, wo alles Denken und Handeln von den Nöten der Armut bestimmt wurde und die Schlinge des Henkers die einzige gefürchtete Konsequenz war. Sie brauchte nur einen Gönner, irgendeinen reichen Gentleman, den sie von ihrem Talent überzeugen könnte und der sie den Leuten vorstellte, die die Theater leiteten. Das Problem war nur, dass Gentlemen mit dicken Brieftaschen und großem Einfluss eher selten in der Taverne verkehrten, und wenn doch, so wie es bei ihrem nächsten Opfer der Fall war, dann hatte Josh bereits ein anderes Schicksal für sie geplant – und zwar eines, das sie daran hinderte, Polly in irgendeiner Form ihre Hilfe anzubieten.

Sie nahm den gefüllten Krug von ihrer Tante entgegen und kehrte wieder in den Schankraum zurück. Als Nächstes würde sie den Gentleman dazu bewegen müssen, mit ihr in die Schlafkammer im oberen Stockwerk hinaufzugehen, wo er dank Prues Spezialtrank bewusstlos werden würde, damit Josh und seine Kumpane ihn in aller Ruhe um sein Hab und Gut erleichtern konnten. Was danach mit ihm geschah, brauchte Polly nicht mehr zu kümmern. Nachdem ihre Aufgabe erfüllt war, würde man sie fortschicken, damit sie ihre Pritsche unter der Treppe aufsuchte und ihre Ohren vor den verdächtigen Geräuschen im Gang verschloss – vor den dumpfen Schlägen und dem Knarren, den gemurmelten Flüchen, dem Scharren und Poltern und Schlurfen.

Polly blickte zur anderen Seite des überfüllten Schankraums hinüber und überlegte, wie sie sich am besten an diesen Gentleman heranmachen könnte. Meistens waren die Gimpel so grobschlächtig und ungehobelt, so widerwärtig mit ihren obszönen Anspielungen und so beleidigend in ihrer Art, sie zu behandeln, als ob sie nichts weiter wäre als ein Stück Fleisch in der Auslage einer Metzgerei, dass jede raffinierte Form der Annäherung reine Zeitvergeudung war. Dieser junge Gentleman jedoch schien anders zu sein. Er war hoch gewachsen, mit breiten, kräftigen Schultern und muskulösen Schenkeln, die seinen samtenen Gehrock und die Kniehosen beinahe zu sprengen drohten. Der Degen an seiner Hüfte war von schlichter, zweckmäßiger Form, mehr Waffe als schmückendes Accessoire. In einem fairen Kampf, so entschied Polly, wäre er Josh und seinen Schlägerkumpanen gewiss haushoch überlegen.

Er trug keine Perücke. Sein Haar fiel ihm in üppigen Locken bis auf die Schultern und schimmerte im Licht der Kerzen in einem satten Kastanienbraun, und seine Augen waren von einem klaren Smaragdgrün. Polly erinnerte sich wieder an die Art, wie er sie vorhin angeblickt hatte, als die Feiernden sie am Mitteltisch begrabscht hatten. Allein beim Gedanken daran, welchen Eindruck sie ihm damit vermittelt haben mochte, überlief sie ein Schauder des Selbstekels. Andererseits durfte er nicht wissen, dass sie nur so getan hatte und sie notgedrungen bei dem schmutzigen Spiel mitmachen musste, wenn sie es sich mit Josh nicht völlig verderben wollte. Wieso sollte sie sich einbilden, dass er – so offensichtlich ein Mann von vornehmem Stand – an den Annäherungsversuchen einer Tavernenhure irgendetwas Verlockendes finden würde? Aber sie brauchte ja nicht unbedingt die Rolle eines billigen Tavernenflittchens zu spielen, oder? Sie konnte alles sein, was sie wollte, solange sie nur ihr Ziel erreichte.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Neuausgabe
Jahr
2022
ISBN (eBook)
9783968981826
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2022 (Juni)
Schlagworte
Historischer Liebesroman Nackenbeißer Bridgerton Regency-Saga Historische Erotik Regency-Roman Lisa Kleypas Julia Quinn Neuerscheinung eBooks
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Titel: Regency Angels - Die unwiderstehliche Spionin